Auf Indymedia sind wir über eine Aktion der Gruppe „Schiffe versenken“ gestolpert. Mit kleinen Eingriffen in die Slogans kehrte die Gruppe die ursprüngliche Botschaft der kürzlich in Berlin aufgetauchten Marineplakate in ihr Gegenteil um. Außerdem ersetzten sie den QR-Code der Bundis mit einem, der auf den „Werbung abrüsten“ Blog zeigt. Vielen Dank an die Gruppe „Schiffe versenken“! Die folgende Pressemitteilung der Gruppe und die Bilder haben wir von Indymedia geklaut.
Huch, sind diese Bundeswehrplakate nicht irgendwie merkwürdig?“ Das dürften sich viele Passan*tinnen in Berlin über das Feiertagswochenende gefragt haben. Denn das Kommunikationsguerilla-Kollektiv „Schiffe versenken“ nutzte den Feiertag, um sich fast 70 Werbeplakate der Bundeswehr unerlaubt aus den Werbevitrinen in Bushaltestellen und Bahnstation auszuleihen. Die Aktivist*innen spekulierten erfolgreich darauf, dass die Werbefirmen wegen des Feiertages das ganze Wochenende nicht in der sein würden, die manipulierten Plakate zu entfernen. Mit Überklebern kehrten die Aktivist*innen mittels kleiner Veränderungen der Slogans die ursprüngliche Botschaften in ihr Gegenteil. „Mit kleinen Änderungen an den Slogans haben wir verdeutlicht, worum es beim Beruf der Soldat*in wirklich geht“ erklärt Marie Neweg, Sprecher*in der Gruppe „Schiffe versenken“: „Ums Töten, Sterben, das Gründen von Nazi-Preppergruppen und das Durchsetzung deutscher Profitinteressen.“
Bis zum braunen Grund
Die Poster der Marine zeigen die Silhouette einer Taucher*in im Wasser. „In die Tiefe gehen und den Horizont erweitern“, schreibt die Bundeswehr dazu (und übersieht, dass der Horizont unter Wasser verringert wird). Auf den veränderten Plakaten heißt es: „In die Tiefe gehen und dein Nazi-Netzwerk erweitern.“
Tot wieder zurück
Ein Plakat zeigt den Bug eines Kriegschiffes mitsamt martialischer Maschinenkanone. „Raus in den Sturm. Gestärkt wieder zurück“ lautet der Slogan dazu. Die Aktivist*innen machten mit einer kleinen Veränderung daraus den Slogan: „Raus in den Sturm. Tot wieder zurück.“
Profite schützen
Ebenfalls zur Abbildung eines Kriegsschiffes schreibt die Bundeswehr im Original: „Weit weg von Zuhause. Um es zu schützen.“ Die nun in der Stadt hängende veränderte Variante lautet: „Weit weg von Zuhause. Um Profite zu schützen“.
Brauner Bodensatz
Die Marine ist der braune Bodensatz des deutschen Militärs. „Wer zur Marine möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass dort ein extrem deutschtümelnder Geist voller Rassismus und toxischer Männlichkeit herrscht“, sagt Marie Neweg, Sprecher*in der Gruppe „Schiffe versenken“. Wer will, könne sich einmal mit den Details des Falles „Jenny Böken“ beschäftigen: „Das ist so düster, da sind selbst uns keine lustigen Sprüche mehr zu eingefallen“ sagt Marie Neweg.
Sterben für Profit
Auch sollte man sich vor einer Verpflichtung über den Zweck der Marineeinsätze klar sein. „Es geht um die militärische Abwehr von Flüchtenden und die Durchsetzung von Profitinteressen der deutschen Wirtschaft. Dabei verteidigt die Bundeswehr die aus dem Kolonialismus stammende und bis heute fortexistierende globale Ungleichheit.“ erklärt Marie Neweg. Ob man dafür sein Leben riskieren möchte und eventuell tot wieder zurück kommt, müsse jeder mit sich selbst ausmachen. „Aber man sollte anschließend nicht rumheulen, man bekäme für das gut bezahlte Mitmachen in der rassistischen Mörder*innentruppe nicht genug Anerkennung und bräuche z. B. dringend einen Naziprepper-Veteranentag“ wundert sich Marie Neweg.
Was ist Adbusting?
Die von Marie und ihren Freunden praktizierte Kunstform nennt sich Adbusting; ein Kofferwort aus dem englischen „Advertising“ (Werbung) und „to bust“ (kaputtmachen, stören). Dabei wird Werbung mit Farbe, Papier und Schere so verändert, dass sich der Sinn der ursprünglichen Botschaft ins Gegenteil verkehrt. Werden dabei nur wenige Buchstaben der ursprünglichen Botschaft verändert, spricht die Kommunikationsguerilla von „Sniping“ (englisch: Die Tätigkeit einer Scharfschütz*in).
Trotz Terrorzentrum schutzlos
Die Bundeswehr ist dieser Kritik im öffentlichem Raum trotz eines millionenstarken Werbeetats, Panzer und Raketen bis heute schutzlos ausgeliefert. Obwohl sich schon das Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern mehrmals mit dem Bekleben von Werbeplakaten beschäftigte, sich die Geheimdienste in mehreren Verfassungsschutzberichten über Adbusting empörten und diverse Landespolizeien mit DNA-Analysen nach den Künstler*innen fahndeten, stellten Gerichte und Staatsanwaltschaften Strafverfahren immer wieder ein: „Nicht strafbar, geringfügig, kein öffentliches Interesse!“ lacht Marie Neweg. Gerade erst entschied das Bundesverfassungsgericht, das die Berliner Polizei illegal Hausdurchsuchungen bei Adbuster*innen durchgeführt hatte. „Die Rechtsbrecher haben Uniformen an!“ sagt Marie Neweg.
Selber Adbustings machen?
Wer selbst mal umgebastelte Werbeposter in die städtischen Vitrinen hängen möchte, findet im Internet alle nötigen Informationen. Aktuelle Beispiele findet man bei der auch auf den Postern mit einem QR-Code verlinkten Kampagne „Werbung abrüsten!“:
https://werbungabruesten.blackblogs.org/
Wer darüber hinaus Inspirationen sucht und Papier mag, dem sei das Buch „Mega Unerhört“ vom Berlin Busters Social Club empfohlen:
https://bbsc.blackblogs.org/
Anleitungen, wie Werbevitrinen aufgehen, wird hier erklärt:
https://adbustingschluesseldienst.noblogs.org/
https://de.indymedia.org/tutorial/27605
https://bbsc.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/782/2020/03/anleitung.pdf
Und die Überkleber, die Marie und ihre Freunde von der Gruppe „Schiffe versenken“ gemacht haben, gibts hier als pdfs zum selber Ausdrucken (in SW auf A3).