Adbustings zur Neu-Eröffnung der „Bundeswehr-Karriere-Lounge“

Da staunte die Bundeswehr dieses Wochenende nicht schlecht: Der ganze Bahnhof Friedrichstraße hing voll mit Bundeswehr-Adbustings! Antimilitarist*innen kaperten fast dreißig Werbevitrinen, in denen Werbeposter der Bundeswehr hingen. Die Aktivist*innen ergänzten die Camouflage-Kästen mit Überklebern in Form von Smileys und Sprechblasen, die das Militär kritisieren. Das Militär hatte diese Woche fast alle Werbevitrinen des Bahnhofes gemietet, um auf die Neueröffnung der „Bundeswehr-Karriere-Lounge“ aufmerksam zu machen. „Das Militär versucht, sich als gute Arbeitsgeber*in zu inszenieren“ schrieben uns die Aktivist*innen per Mail. „Mit unseren Stickern durchkreuzen wir diese Propaganda!“

Smileys und Sprechblasen

Für die Neueröffnung des „Bundeswehr-Ladens“ am Berliner Bahnhof Friedrichstraße am Freitag hatte die Bundeswehr tief in die Tasche gegriffen und fast alle Werbeflächen im Bahnhog gemietet. Vergebens. Denn nach der Veränderung sind auf den Plakaten Kackhaufen-Smileys zu sehen und „Brauner Nazihaufen“ zu lesen. Kotz-Smileys kleben neben dem Spruch „Bundeswehr: zum Kotzen!“

Neben erstaunten Kopf-explodier-Smiley steht: „Whaaat… Sexismus bei der Bundeswehr?“ Und tränende Lach-Smileys verkünden trocken vor dem Flecktarn-Hintergrund: „LOL, was kümmern mich Menschenleben?

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Feierabend-Spassguerilla

„War super beeindruckend, anschließend durch die Bahnhofshalle zu schauen und überall Adbustings zu sehen!“ schrieb uns eine der beteiligten Aktivist*innen. „Statt durch die ganze Stadt zu rennen und die Propaganda-Poster mühsam einzeln zu jagen, mussten wir nur den einen Bahnhof mit unseren Adbusting-Aufklebern überfallen.“ Leider sei die Gruppe ein paar Stunden zu spät zur Eröffnung aktiv gewesen. Man habe leider vorher keine Zeit gefunden, die namenlose Gruppe sei leider eine semi-professionelle Feierabend-Spassguerilla. „Aber dafür hingen die Adbustings das ganze Wochenende und erreichten viele Menschen!“

Reaktionen?

Die namenlose Gruppe schilderte uns in ihrer Mail außerdem folgendes: „Beim Fotografieren trafen wir ein älteres Ehepaar. „Die wunderten sich, ob die Adbustings echt seien. Nachdem wir sie darüber aufgeklärt hatten, was Bundeswehr-Adbusting ist, fanden sie die Aktion super.“ Einige Aktiv-Bürger*innen versuchten auch, die Aufkleber wieder abzufummeln. „Vielen Dank, da sind jetzt eure Fingerabdrücke drauf“ heißt es in der Mail der Aktivist*innen: „Hoffen wir für die Bundeswehr-Tollfinder*innen, dass die Aktion nicht im Terrorabwehrzentrum landet oder der Staatsschutz nicht wieder DNA-Analysen oder Hausdurchsuchungen durchführt.“


Kampagne „Werbung abrüsten!“

Die Aufkleber erhielten die Aktivist*innen von der Kampagne „Werbung abrüsten“.  Die Kampagne „Werbung abrüsten!“ versendet noch immer Sticker-Sets zum Nachmachen in der eigenen Stadt. „Wir freuen uns sehr, dass Aktivist*innen coole Aktionen mit unseren Materialien organisieren!“ sagt Yver Cleber, Sprecher*in der Kampagne „Werbung abrüsten“.  Mit lustigen Smileys und Sprechblasen ergänzte Bundeswerbung, wie es sie jetzt am Bahnhof Friedrichstraße gibt, dürfte in den kommenden Wochen also auch anderorts das Stadtbild prägen.


Bereits im Dezember organisierten Antimilitarist*innen in Berlin mit den Smiley-Aufklebern einen „Antimilitaristischen AdventskalendA“. Sie besuchten, beklebten und outeten Bundeswehr-Büros in Berlin. Der Bundeswehrverband und andere Bundi-Organisationen regten sich auf, der katholische Militärbischof lud die Aktivist*innen zum Gespräch ein: 
https://werbungabruesten.blackblogs.org/2023/01/17/berliner-bundeswehr-bueros-geoutet-der-antimilitaristische-adventskalenda/

In Göttingen berichtete die „Aktionsgruppe Störpflicht“ auf Indymedia und das Göttinger Tageblatt,dass mehr als ein Dutzend Bundeswehrplakate im Göttinger Stadtgebiet mit unseren Aufklebern verschönert wurden.“ so Yver Cleber:

rhttps://werbungabruesten.blackblogs.org/2023/02/13/goettingen-aktivistinnen-ueberkleben-bundeswehr-poster-mit-lustigen-smileys-und-sprechblasen/

Was ist die Karriere-Lounge? 


Seit der Einstellung des Wehrdienstes 2011 fehlt es der Bundeswehr an willigen Rekrut*innen. Seit 2014 versucht die Bundeswehr, mit einem Laden in der Georgenstraße Leute fürs Sterben zu rekrutieren. Aufgrund von Corona und Bauarbeiten war der Bundeswehr-Laden fast zwei Jahre lang geschlossen. Zur Neueröffnung am Freitag bekam der Bundeswehr-Laden einen neuen Namen. Karriere-Lounge heißt das Ding jetzt. Nun wird dort versucht mit camouflage-farbigen Sitzsäcken, fancy Anglizismen und gratis Merchandise Leute zum Kriegstdienst zu locken. Zur Einweihung am Freitag waren Musik, Lufballons und freebees  geplant. „Ob Freigetränke wen überzeugen, dass professionelles Morden eine gute Sache ist?“ schrieben uns die Aktivist*innen per Mail.

Karriere-Center beziehungsweise Karriere-Lounge sind neue Begriffe für alte Bekannte, sie erinnern an die Kreiswehrersatzämter. Dort wurden zu Zeiten des Wehrdienstes Menschen gemustert, in dem sie von Offizieren und Militär-Ärzt*innen  wie ein Rennpferd begutachtet, dumme Fragen gestellt und in Tauglichkeitsstufen eingeteilt wurden.Die Militärs entschieden dann über die Möglichkeiten der jeweiligen militärischen Verwendung. Das ist auch weiterhin der Zweck einer Karrierelounge, in der man sich beraten lässt, wie man in der Bundeswehr am besten stirbt. „Auch Büro-Jobs bei der Bundeswehr unterstützen Ausbeutung und Morden.“schrieben uns die Aktivist*innen.

Problematische Aspekte der Bundeswehr haben keinen Raum in der Karrierelounge. Ein Fünftel der Frauen im Militär haben in den letzten zwei Jahren Sexismus bei der Bundeswehr erlebt. Das ist fast drei mal so hoch wie bei anderen Arbeitsplätzen (https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/vollbild-bundeswehr-sexismus-erniedrigung-101.html). Auch wenn die Bundeswehr es leugnet: Die Liste an aufgedeckten angeblichen „Einzelfällen“ von organisierten Neonazi-Netzen wird beim Militär immer länger. Und wo sind eigentlich all die geklauten Waffen hin? Aggressives Marketing scheint ihre einzige Antwort auf diese Frage zu sein.